Page 135 - Badersdorf Chronik
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KULTURGESCHICHTE
Bis vor einigen Jahren feierten wir in Badersdorf drei Damals in früherer Zeit hatte man weder Radio noch
Kirtage. Anfang Mai war der Feldweckkirtag, Ende Fernsehen, also ging man in die Feia. Man traf sich
Mai Fronleichnam und Mitte September der Kreuz bei Verwandten oder bei Bekannten auf einen Tratsch
erhöhungskirtag. und tauschte Neuigkeiten aus, lauschte den Er
Am Fronleichnamstag wurden links und rechts der zählungen älterer Mitbürger und spielte Karten. Auch
Dorfstraße Buchen und Birkenstauden aufgestellt. Burschen konnten ab Allerheiligen zu den Mädchen in
Die Prozession zog betend und singend mit dem t´ Feia gehen. Das war die beste Gelegenheit, sich an
Himmel, dem Herrn Pfarrer mit dem Allerheiligsten ein Mädchen heranzumachen.
und den Fahnenträgern sowie der Feuerwehr von
Kapelle zu Kapelle. Im Dorf waren ein Lebzelter, eine Das Martinifest geht auf den heiligen Martin zurück.
Schießbude und ein Ringelspiel aufgestellt. Der Martin wurde um 316 in Steinamanger geboren und
Kirtagstanz im Gasthaus, stets ein fester Bestandteil starb 397. Der hl. Martin wird als Landespatron des
des Kirtags, ist leider etwas in Vergessenheit geraten. Burgenlandes verehrt. Das Martiniganserlessen ist
weit über das Burgenland bekannt und ist auch bei
Obwohl in Badersdorf nie große Kukuruzfelder waren, uns üblich. Dieses Festessen geht vermutlich auf
ist der Brauch des Kukuruzabhäutens auch heute einen alten germanischen Brauch zurück, der im
noch bei uns bekannt. In früheren Zeiten trafen sich Genuss der Gans das Sinnbild der Fruchtbarkeit sah.
Verwandte und Nachbarn zu dieser etwas eintönigen Dem Feldhirten wurde als Lohn für seine Sommerarbeit
Arbeit. Die äußeren Blätter mussten vom Kolben ent ein Martiniflecken gebacken.
fernt werden, mit den verbliebenen Blättern knüpfte
man zwei oder vier Kolben zusammen, um sie zum Das Lebensbrauchtum umfasst die Bereiche Geburt,
Trocknen aufzuhängen. Da sich die armen Leute Hochzeit und Tod.
keine Matratzen leisten konnten, füllte man die Stroh
säcke mit Kukuruzstroh, da es den Vorteil hatte, dass Geburt
es weich war und auch nicht staubte. War man mit der
Arbeit fertig, gab es meist etwas zum Essen und Schwanger zu werden und ein Kind zu gebären war
Trinken. eh und je etwas Schönes.
Nur ist es heute im Gegensatz zu früher Zeit leichter
Allerseelen ist dem Gedächtnis der Toten gewidmet. und sicherer. Früher musste eine Frau oft bis zum
Bereits am Abend vor oder am frühen Morgen des 1. letzten Tag vor der Entbindung am Felde arbeiten. Ja,
November wurden die Gräber mit Blumen geschmückt es kam sogar vor, dass eine Schwangere unterwegs
und Kerzen angezündet. Am Nachmittag fand der vom Feld nach Hause entbunden hat. Die meisten
Friedhofsgang statt. Der Pfarrer segnete die Gräber Kinder wurden zu Hause geboren, nur wenige im
und die Pfarrgemeinde betete für die Verstorbenen. Krankenhaus.
Beim Kriegerdenkmal wurde jener gedacht, die in den So war fast in jedem Ort eine Hebamme ansässig, die
Weltkriegen gefallen sind und in fremder Erde ruhen. zu der Geburt gerufen wurde. Sie half mit Rat und Tat
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