Page 140 - Badersdorf Chronik
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KULTURGESCHICHTE
Die nächsten Verwandten wurden verständigt und die hier besonders langes und saftiges Gras, das zwei mal
Vorbereitungen für die nächsten Tage getroffen. In der gemäht wurde, zur Heumahd und zur Grumetmahd.
Nähe des Toten hielten sich stets die Verwandten auf. Danach konnte man die Kühe auf die Wiese zum
Immer wieder wurde gemeinsam der Rosenkranz ge Fressen treiben. Da begann auch das eigene Brauch
betet. In der Zwischenzeit gab es eine kleine Stärkung tum der Kühehalter.
aus Brot und Wein. Die Totenwache dauerte meiste Täglich wurde ein Feuer angemacht. Da wurden Äpfel,
bis Mitternacht. Der Tote wurde am Tag vorher dreimal Erdäpfel und Kukuruz gebraten. Das Kühehalten und
mit den Kirchenglocken ausgeläutet. Spielen auf der Wiese hielt oft bis Allerheiligen an. Es
Am Tag des Begräbnisses kamen alle Verwandten durfte aber nur der seine Kühe halten, der einen Anteil
auch von weit her zusammen, um von dem Toten an der Wiese hatte.
Abschied zu nehmen. Der Sargdeckel wurde erst kurz Dazu gab es zwischendurch allerhand Spiele. Bei
vor der Verabschiedung zugenagelt. In den Sommer diesen Spielen machten alle mit.
monaten musste aus hygienischen Gründen der Sarg
meist früher verschlossen und ins Freie gebracht Da war einmal das Pinzgern. Dazu brauchte man
werden. eine keilförmige Grube, die ungefähr 10 cm tief sein
Nach der kirchlichen Verabschiedung zog der Leichen sollte und einen 15 cm langen und einen 60 cm langen
zug vom Hof zum Friedhof. Verwandte trugen den Stock. Der kurze Stock wurde in das Loch gelegt,
Sarg. Später schaffte man einen Leichenwagen an. vorne wurde draufgeschlagen. Dadurch flog der kurze
Nach dem Begräbnis trafen sich Verwandte, der Stock fort und musste von der Gegenpartei gefangen
Pfarrer und die Sänger beim Totenmahl im Haus des werden. Wurde er nicht gefangen, so legte man den
Toten. Es gab Brot, Wurst und Wein zum Essen und langen Stock über das Loch und musste durch Zu
Trinken. rückwerfen des kurzen Stockes getroffen werden.
Heute hat sich vieles geändert. Es gibt eine Leichen Erst wenn der kurze Stock getroffen wurde, konnte
halle, und das Totenmahl findet im Gasthaus statt. gewechselt werden.
Viele sterben jetzt im Altenheim oder im Krankenhaus. Ein zweites Spiel war das Graewln. Dazu brauchte
Sie werden vom Leichenbestatter abgeholt und direkt man einen ungefähr 70 cm langen Stock, der einen
in die Leichenhalle gebracht. Auch wird meist auf Durchmesser von 5 cm hatte. Dieser Stock wurde auf
Blumen spenden verzichtet und das Geld der Kirche einer Seite zugespitzt, sodass er gut in der Erde
gespendet. steckenblieb, wenn man ihn mit Gewalt in die Erde
steckte. Da spielten oft 4 bis 5 Personen mit. Das Ziel
Kindheitserinnerungen war, dass der eine den Stock des Gegners geschickt
aus der Erde schlug. Ein schönes und dazu ein
Im Herbst freuten sich alle auf das Halten der Kühe kraftvolles Spiel.
auf der Wiese. Beiderseits der Pinka erstreckten sich
von Badersdorf bis Woppendorf Wiesen. Durch ein Ein drittes Spiel war das Tschigerln. Hier wurde ein
malige bis zweimalige Überschwemmungen wuchs Kegel von ungefähr 6 cm Durchmesser gemacht.
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